Modeselektor | DJ-Set at Melt! Festival 2016
Stahlkolosse, tiefe Bässe und Berliner Witz: Als Modeselektor das Melt! 2016 zum Beben brachten
Es gibt Sets, die man vergisst, und Sets, die sich in die kollektive Erinnerung einer Szene brennen. Das Modeselektor-DJ-Set beim Melt! Festival 2016 gehörte zur zweiten Kategorie. In der spektakulären Kulisse von Ferropolis – der „Stadt aus Eisen“ – trafen leuchtende Stahlgiganten auf aufgewühlte Basswellen, und ein Berliner Duo zeigte einmal mehr, warum es seit Jahren als Publikumsmagnet zwischen Techno, Electronica und unkonventioneller Clubkultur gilt. Was hier entstand, war weniger eine bloße Abfolge von Tracks als vielmehr eine dramaturgisch gebaute Reise, ein Kondensat dessen, was die Festivalnacht im besten Sinne sein kann: überraschend, roh, euphorisierend.
Modeselektor – die Berliner Gernot Bronsert und Sebastian Szary – sind seit den frühen 2000ern bekannt für einen Stil, der sich beharrlich gegen eindeutige Etiketten wehrt. Wo andere die Genregrenzen zum Schutzwall erklären, reißen sie diese spielerisch ein. Entsprechend war auch ihr DJ-Set auf dem Melt!: ein Destillat des Unberechenbaren. Statt eines engen Korsetts folgte eine fließende Dramaturgie, die Groove und Grenzgang versöhnte. Mal dominierten knackige, industriell gefärbte Kicks, dann wieder brachen verschachtelte Percussion-Gebilde und verhallte Vocals über die Menge hinein, als hätte jemand die Archive britischer Ravekultur mit Berliner Kellerästhetik kurzgeschlossen.
Die Atmosphäre in Ferropolis verstärkte diese Wirkung: Unter dem Panorama der gigantischen Schaufelradbagger und Förderbrücken, deren metallene Silhouetten vom Lichtspiel der Bühne skizziert wurden, bekam der Sound einen archaischen Körper. Hier, wo Stahl und Wasser die Szene rahmen, wächst die Musik fast automatisch über die Funktion des bloßen Tanzantriebs hinaus. Die Lichttechnik zeichnete gleißende Linien in den Nachthimmel, Nebel fraß die Distanz, und aus unzähligen Kehlen wurde ein einziger Chor. Ein Festival wie das Melt! lebt genau von solchen Augenblicken, in denen Festival-Mythos und Clubintensität eine Allianz eingehen.
Musikalisch ließ sich das Set als kuratierte Zeitreise lesen. Modeselektor spannten Bögen zwischen raspeligen Electro-Figuren, höhenverliebten Build-ups und ruhigen, fast dubbigen Atempausen. Wo es dramaturgisch passte, blitzten Anklänge an Dubstep auf, nicht als modische Geste, sondern als Reminiszenz an die tieffrequenten Exkurse, die das Duo seit jeher liebt. Auch Hip-Hop-Schatten warfen gelegentlich Konturen auf den Dancefloor – eine Erinnerung daran, dass Modeselektor ihre Freude an Bass und Breaks nie verleugnet haben. Im nächsten Moment wiederum zogen säuregetränkte Lines, die nach Acid House schmeckten, ein Grinsen durch die Crowd.
Die Kunst des Übergangs – im Cluballtag so häufig reine Routine – wurde hier zur Erzähltechnik. Man hörte, wie Bronsert und Szary die Energie fein austarierten, Momente der Entladung gezielt setzten und mit dem Spiel von Spannung und Loslassen einen Sog erzeugten. Am Mischpult wurde nicht nur verbunden, sondern geformt: Filterfahrten, Loop-Arbeit, kleine rhythmische Haken – es war dieses Gefühl, einer Handschrift zu lauschen, die den Raum lesen kann. Unterstützt von einer präzise eingestellten Beschallungsanlage, kam jeder Punch mit Kontur, jeder Bass mit Bauch.
Wer Modeselektor kennt, weiß, dass ihre Identität nicht an einem einzigen Projekt hängt. Das Duo hat neben seinen Alben auch mit Moderat – dem Zusammenschluss mit Apparat (Sascha Ring) – eine der prägenden elektronischen Formationen aus Berlin geformt. Dieses Bewusstsein für Melodie, Raum und große Emotionen färbt selbst ihre härtesten DJ-Momente: Da, wo andere bloß pulverisieren, öffnen Modeselektor gern überraschend breite, fast cinematografische Perspektiven. Das war 2016 in Ferropolis mit Händen zu greifen – etwa wenn nach einer Serie peitschender Peaks plötzlich eine breite, warme Fläche Platz schaffte, bevor die nächste Welle anrollte.
Gleichzeitig blieb das Set immer geerdet. Keine überbordenden Effektsalven, keine Selbstinszenierung auf Kosten des Flows. Stattdessen Humor, humanes Timing und dieser charakteristische Wille, das Publikum zu fordern, ohne es zu verlieren. Man spürte die jahrelange Erfahrung eines Duos, das Clubnächte, Festivalhauptbühnen und intime Special-Settings gleichermaßen kennt – und versteht, dass ein Melt!-Slot im Sommer eine eigene Dynamik hat: Open Air, Nachthimmel, kurze Aufmerksamkeitsspannen, aber große Lust auf Überraschung. Modeselektor gaben dem Abend genau die Dosis Unerwartetes, die ihn unvergesslich machte.
Auch die Beziehung zwischen dem Duo und dem Melt! spielte eine Rolle. Das Festival steht wie kaum ein anderes für den Brückenschlag zwischen Pop, Indie und Clubkultur – eine DNA, die zur Haltung von Modeselektor passt. Ihre Sets sind schon immer Orte der Durchlässigkeit gewesen; Orte, an denen das Nebeneinander von Avantgarde und Humor, von präziser Technik und anarchischer Energie nicht als Widerspruch, sondern als Notwendigkeit empfunden wird. 2016 brachte diese Affinität eine jener Nächte hervor, die man Jahre später noch erzählt: von Freunden zu Freunden, mit funkelnden Augen und dem Satz „Weißt du noch…?“
Wer nach einem Signature-Moment sucht, fand ihn vielleicht in den Augenblicken, in denen die Kamera auf die Menge schwenkte: Menschen mit erhobenen Armen, die Augen geschlossen, ein kurzer Windstoß, der den Nebel verweht – und dann dieser wuchtige Drop, bei dem alle wieder gleichzeitig aufprallen. Es war die Choreografie des Kollektivs, die nur entsteht, wenn Selektion, Raum, Technik und Erwartungshaltung perfekt ineinandergreifen. Genau das ist der Unterschied zwischen einem guten und einem großen DJ-Set.
Fragen & Antworten zum DJ Set
Wer sind Modeselektor und wofür stehen sie musikalisch?
Modeselektor ist ein Berliner Duo, das für druckvolle, genreübergreifende Clubmusik zwischen Techno, Electro, Bass und Experiment steht. Ihre Sets verbinden Humor, Energie und präzises Timing.
Was macht das Melt! Festival als Schauplatz besonders?
Die Location Ferropolis mit ihren riesigen Stahlmaschinen schafft eine einmalige Open-Air-Kulisse. In Kombination mit starker Licht- und Soundtechnik entstehen sehr dichte, atmosphärische Nächte.
War es ein Live-Konzert oder ein klassisches DJ-Set?
Es handelte sich um ein DJ-Set. Modeselektor kuratierten und mixten Tracks und Edits, steuerten Effekte und bauten dramaturgische Bögen – fokussiert auf Tanzfläche und Energiefluss.
Welche musikalischen Einflüsse waren im Set zu hören?
Von Techno über Electro bis hin zu Dubstep- und Hip-Hop-Anklängen – dazu spontane Ausflüge in acidlastige und melodische Momente. Charakteristisch ist die Mischung aus Druck und Überraschung.
Wie unterschied sich das Set von einem Moderat-Auftritt?
Moderat ist ein Live-Projekt mit Songstrukturen und Gesang. Das DJ-Set von Modeselektor ist offener, cluborientierter und fokussiert stärker auf Übergänge, Dynamik und Crowd-Interaktion.
Gab es spezielle visuelle Elemente?
Ja, die Kombination aus Ferropolis-Silhouetten, Lichtdesign und Nebel schuf eine kraftvolle Szenerie. Die Visuals unterstützten den Spannungsbogen, ohne die Musik zu überstrahlen.
Faktisches
- Modeselektor ist ein elektronisches Musikduo aus Berlin, bestehend aus Gernot Bronsert und Sebastian Szary.
- Das Melt! Festival findet in Ferropolis, der „Stadt aus Eisen“, bei Gräfenhainichen statt und ist für seine spektakuläre Industriekulisse bekannt.
- Ferropolis war einst ein Braunkohletagebau; die verbliebenen Bagger bilden heute ein Freilichtmuseum und Festivalgelände.
- Modeselektor sind mit kuratierter Vielseitigkeit bekannt geworden – von Techno über Electro bis Bassmusik.
- Das Duo ist Teil des Projekts Moderat mit Apparat und prägte so auch die Schnittstelle zwischen Club und Pop.
- Die Stärke von DJ-Sets besteht in der Echtzeitdramaturgie: Übergänge, Energiehaushalt, Lesbarkeit des Publikums.
- Auf Open-Air-Bühnen wie beim Melt! wirkt Sound anders als im Club: mehr Luft, größere Distanzen, andere Basswahrnehmung.
- Modeselektor sind auch Labelmacher – etwa über Monkeytown Records, was ihren kuratorischen Blick zusätzlich schärft.
Kritische Analyse
So begeistert das Modeselektor-Set 2016 aufgenommen wurde, so lohnend ist ein Blick auf mögliche blinde Flecken. Ein wiederkehrender Diskussionspunkt bei großen Festival-Slots: die Balance zwischen Eigenprofil und Crowdpleasing. Modeselektor sind dafür bekannt, die Tanzfläche ernst zu nehmen – manchmal so sehr, dass Puristen sich mehr radikale Brüche, obskurere Selektionen oder länger auskostete Experimente wünschen. Der Spagat zwischen maximaler Wirkung und künstlerischer Zumutung ist heikel; 2016 gelang er weitgehend, doch gerade in den publikumsstärksten Momenten hätte ein Quäntchen Risiko die bereits hohe Fallhöhe noch spannender gemacht.
Hinzu kommt die generelle Festivalfrage der Lautstärke- und Klangkonsistenz. Open-Air-Bedingungen, Wind und Temperatur fordern der Tonregie alles ab; nicht jeder Spot im weiten Areal erlebt denselben Punch. Während vorne die Kicks salvenartig treffen, kann weiter hinten die Transparenz leiden. Das ist weniger Modeselektor anzulasten als dem Setting – zeigt aber, wie sehr großformatige Raves technische Exzellenz auf die Probe stellen.
Und schließlich: der Smartphone-Faktor. 2016 war die „Always-on“-Kultur längst Normalität. Für ein Set, das vom Moment lebt, bedeutet das: Blickachsen zwischen Bühne und Publikum fragmentieren, Aufmerksamkeit reißt ab, wenn die perfekte Story festgehalten werden will. Modeselektor kontern solche Tendenzen traditionell mit Tempo und Witz; doch die Frage, wie viel Unmittelbarkeit unter dem Dauerfilmen verloren geht, bleibt eine offene Baustelle moderner Festivalkultur.
Fazit
Das Modeselektor-DJ-Set beim Melt! 2016 war ein Musterbeispiel dafür, wie sich künstlerische Handschrift und Massenmoment ohne Beliebigkeit verbinden lassen. In der einzigartigen Ferropolis-Kulisse entzündete das Berliner Duo ein Feuerwerk aus Bass, Textur und Timing – kompromisslos tanzbar, aber nie eindimensional. Zwischen technoider Wucht, elektroider Kantigkeit und melodischen Weitwinkelblicken entstand eine Nacht, die zeigt, warum Modeselektor seit Jahren eine Konstante im internationalen Festivalzirkus sind: Sie kennen die Codes, doch sie spielen sie mit einem Lächeln, das Grenzen lockert. Wer 2016 dabei war, nahm mehr mit als bloß durchgetanzte Schuhe: die Erinnerung an ein Set, das die Magie des Augenblicks ernst nimmt – und genau deshalb bleibt.
Quellen der Inspiration
- Modeselektor (Wikipedia)
- Melt! Festival (Wikipedia)
- Ferropolis (Wikipedia)
- Techno (Wikipedia)
- Electro (Wikipedia)
- Dubstep (Wikipedia)
- Moderat (Wikipedia)
- Monkeytown Records (Wikipedia)
WICHTIG
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